Die Einführung des Paraffin-Dieselkraftstoffs HVO100 an deutschen Tankstellen, geplant für April/Mai 2024, löst unterschiedliche Reaktionen aus. Während die Landmaschinenindustrie die Verfügbarkeit des neuen Kraftstoffs begrüßt, äußern sich einige kritisch zu dieser Entwicklung.
HVO100, kurz für „Hydrotreated Vegetable Oil 100%“, wird durch eine katalytische Reaktion von pflanzlichen oder tierischen Ölen und Fetten mit Wasserstoff hergestellt und kann auch fossile Rohstoffe wie Gas-to-Liquid (GtL) beinhalten. Diese Kraftstoffart, die aus organischen Rohstoffen wie Pflanzenölen, tierischen Fetten oder biogenen Abfällen gewonnen wird, steht im Einklang mit der vom Bundesrat gebilligten Änderung der 10. Bundes-Immissionsschutzverordnung.
Obwohl HVO in seinen Kraftstoffeigenschaften herkömmlichem Diesel ähnelt, weist er signifikante Unterschiede auf, wie eine geringere Dichte, die nicht der Dieselkraftstoff-Norm DIN EN 590 entspricht, sowie eine hohe Zündwilligkeit und gute Kältestabilität. Die nahezu komplette Aromatenfreiheit des HVOs führt zu reduzierten Schadstoffemissionen, kann jedoch auch zu Undichtigkeiten im Kraftstoffsystem führen.
Von besonderem Interesse ist die signifikante THG-Einsparung, die bei der Verwendung von HVO aus Rest- und Abfallstoffen gegenüber herkömmlichem Diesel erreicht werden kann – rund 80 %. Mehrere Landmaschinenhersteller haben HVO bereits als umweltfreundlichere Alternative herausgestellt, da der Kraftstoff die CO2-Emissionen moderner Maschinen erheblich senken kann.
Trotz dieser Vorteile gibt es Bedenken bezüglich der Nachhaltigkeit und der Überwachung der Produktionsbedingungen im Ausland. Darüber hinaus ist die weltweite Verfügbarkeit von HVO im Vergleich zum Dieselverbrauch in Deutschland gering. Experten empfehlen daher, neben HVO auch andere Biokraftstoffe wie Pflanzenölkraftstoff, Biodiesel und Biomethan zu fördern sowie eine Umstellung auf elektrische Antriebe voranzutreiben, um eine einseitige Abhängigkeit von einem Kraftstoff zu vermeiden.
Mit der Einführung von HVO100 steht Deutschland vor der Herausforderung, eine Balance zwischen ökologischer Nachhaltigkeit und der Sicherstellung der Kraftstoffversorgung zu finden, während gleichzeitig die Diversifizierung der Energiequellen im Verkehrssektor vorangetrieben wird.