Angesichts der stark gestiegenen Anzahl an Stunden mit negativen Strompreisen an der Börse fordert der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, dass neue Photovoltaikanlagen steuerbar gemacht werden, um die Netzstabilität zu gewährleisten. Der Fokus müsse darauf liegen, den erzeugten Solarstrom entweder direkt zu verbrauchen oder zwischenzuspeichern, um unnötige Abregelungen zu verhindern.
Der rasante Ausbau der Photovoltaik in Deutschland führt zu einer zunehmenden Selbstkannibalisierung des Solarstroms auf dem Strommarkt. Bereits bis Ende Juli wurde der Rekord von 301 negativen Stunden aus dem Vorjahr übertroffen, und es werden in diesem Jahr voraussichtlich noch mehr solcher Stunden hinzukommen. Besonders in den Frühlings- und Sommermonaten führt die gleichzeitige Einspeisung aus zahlreichen Photovoltaikanlagen zu einem Überangebot, das bei gleichzeitig geringer Nachfrage die Preise an der Strombörse in den negativen Bereich drückt.
Klaus Müller, der Präsident der Bundesnetzagentur, äußert zudem Bedenken hinsichtlich der Stabilität der Netze. Er begrüßt zwar den Ausbau der Photovoltaik, weist aber darauf hin, dass der Netzausbau auf lokaler Ebene Schritt halten müsse. In einem Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ betonte er: „Die Einspeisung sollte sich zukünftig stärker am Marktpreis orientieren und damit am tatsächlichen Stromverbrauch.“ Zudem fordert er, dass nicht nur die Industrie, sondern auch die Erzeuger erneuerbarer Energien mehr Flexibilität zeigen sollten, indem sie ihre Einspeisung besser an das aktuelle Angebot und die Nachfrage anpassen.
„Es ist unvermeidlich, dass neue Solaranlagen steuerbar werden“, erklärte Müller weiter. „Die Einspeisung muss gestoppt werden können, wenn keine Abnehmer für den Strom vorhanden sind. Darüber hinaus müssen Verteilnetzbetreiber die Möglichkeit haben, Solaranlagen in kritischen Netzsituationen zu steuern, um die Netzstabilität zu gewährleisten.“ Er fordert deshalb, dass der Bundestag noch in diesem Herbst eine entsprechende Gesetzesänderung verabschiedet.
Im Rahmen der „Wachstumsinitiative“ der Bundesregierung wird erwogen, die sogenannte Ein-Stunden-Regel bereits im kommenden Jahr einzuführen. Nach den aktuellen Regelungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) sollen Photovoltaikanlagen, die zur verpflichtenden Direktvermarktung gehören, ab 2027 ab der ersten Stunde mit negativen Strompreisen keine Vergütung mehr erhalten. Eine schrittweise Anpassung ist geplant, wobei derzeit eine Regelung ab drei aufeinanderfolgenden Stunden mit negativen Preisen gilt.
Müller stellt klar, dass es ihm nicht darum gehe, den Ausbau der Photovoltaik zu bremsen. „Es ist jedoch wichtig, die technischen Möglichkeiten voll auszuschöpfen. Wenn Solaranlagen beispielsweise durch Speicher ergänzt werden, kann überschüssiger Strom gespeichert und muss nicht abgeregelt werden. Wir müssen die Interessen der Investoren und die Anforderungen des Energiesystems besser in Einklang bringen.“