Nach langwierigen Verhandlungen haben sich EU-Kommission und Mercosur-Staaten nach rund 25 Jahren auf ein umfassendes Freihandelsabkommen geeinigt, das für landwirtschaftliche Betriebe weitreichende Folgen haben kann.
Trotz kritischer Stimmen seitens der Bauernverbände ist die Vereinbarung nun unter Dach und Fach, obwohl im landwirtschaftlichen Sektor bereits im Vorfeld heftiger Widerstand angemeldet wurde.
Die Reise von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach Uruguay unterstreicht die Bedeutung dieser Einigung für Brüssel. Sie soll angegeben haben, dass die Vereinbarung aus ihrer Sicht vorteilhaft für Europa sei.
Aus der Sicht des Bayerischen Bauernverbands ergibt sich jedoch ein anderes Bild. Dort wurden zu Wochenbeginn mehrere Aktionen durchgeführt, um Unzufriedenheit mit dem Abschluss zu zeigen.
Durch das nun ausgehandelte Abkommen entsteht eine der größten Freihandelszonen weltweit, die rund 700 Millionen Menschen umfasst. Um rechtskräftig zu werden, ist in jedem Fall die Zustimmung des EU-Parlaments notwendig.
Um in Kraft treten zu können, muss sich dieses Gremium allerdings noch in einer späteren Phase damit befassen, denn eine offizielle Zustimmung wird frühestens in der zweiten Hälfte des Jahres 2025 erwartet.
Nach Auffassung des Bayerischen Bauernverbands ist die Übereinkunft nicht akzeptabel. Dort spreche man von einem völlig inakzeptablen „Kuhhandel“.
Von Seiten des BBV wird gefordert, dass EU-Rat und Europäisches Parlament sich gegen das Ungleichgewicht in dieser Vereinbarung stellen. Nach Einschätzung des Generalsekretärs Carl von Butler würden durch einseitige Exportinteressen bestimmter Industriezweige alle europäischen Umwelt-, Klimaschutz-, Tierwohl- und Prozessstandards unterminiert.
Ungewiss bleibt, ob die EU-Kommission versuchen könnte, nationale Parlamente zu umgehen, indem sie das Abkommen in mehrere Teile splittet.
Einige Mitgliedstaaten wie Österreich, Frankreich und Polen bemühen sich derzeit um weitere Unterstützer, um eine Sperrminorität aufzubauen.
Zudem meldet Italien Vorbehalte an, was darauf hindeutet, dass auch dort Skepsis gegenüber der Übereinkunft besteht.
Aus dem Bundeswirtschaftsministerium wird betont, dass diese Vereinbarung keine negativen Folgen für die Anforderungen an europäische Produkte mit sich bringe. Dies gelte ebenso für Lebensmittel und Agrargüter, da nur Waren in die EU gelangen dürfen, die den einschlägigen europäischen Bestimmungen entsprechen.
Darüber hinaus sind bilaterale Schutzklauseln vorgesehen, um etwaige wirtschaftliche Nachteile, die sich im Zuge der Umsetzung ergeben, auszugleichen.
Einige Beobachter vermuten, dass ein spezieller Fonds zur Unterstützung der Landwirtschaft eingerichtet werden könnte, allerdings liegen hierzu noch keine genauen Angaben vor.
Die Umsetzung von Zollsenkungen und Importkontingenten erfolgt schrittweise. Vorgesehen ist dabei eine Übergangszeit von sechs Jahren, bevor sämtliche Regelungen greifen.
Speziell für Rindfleisch existieren vereinbarte Einfuhrmengen, die frische, gekühlte sowie gefrorene Ware betreffen. Auch für Schweinefleisch sind definierte Kontingente vorgesehen.
Aus Branchenkreisen der Fleischwirtschaft wird darauf hingewiesen, dass die tatsächlich relevanten Einfuhrmengen voraussichtlich niedriger liegen dürften als die vereinbarten Maximalwerte.
Fachleute gehen nicht davon aus, dass durch das neue Abkommen zusätzliche Fleischmengen in großem Umfang nach Europa strömen. Stattdessen werde eher mit einer Neuordnung bestehender Handelswege gerechnet.
Bei Milchprodukten fallen die Zugeständnisse der EU geringer aus. Den Mercosur-Staaten wird lediglich eine begrenzte Liefermenge an Käse und Magermilchpulver zugestanden, während die Zollsenkungen hier schrittweise über neun Jahre erfolgen.
Überdies sind für andere Erzeugnisse wie Geflügelfleisch, Zucker, Honig und Ethanol bestimmte Liefermengen festgelegt worden, die ebenfalls einem zeitlich gestaffelten Importregime unterliegen.
Man erwartet, dass durch das neue Abkommen zusätzliche Absatzchancen für EU-Produkte auf den Märkten der Mercosur-Staaten entstehen, insbesondere für Exporteure, die bislang mit Handelsbarrieren konfrontiert waren.
Am Ende bleibt offen, wie sich diese Vereinbarung langfristig auf die europäische Landwirtschaft auswirkt. Während einige Betriebe Vorteile erhoffen, befürchten andere wirtschaftliche Einbußen. Die kommenden Jahre werden zeigen, wie sich das Verhältnis zwischen EU-Landwirten und den neuen Regelungen tatsächlich gestaltet.