Am 13. Oktober erreichten die Strompreise in Deutschland einen neuen Tiefpunkt: Für 16 Stunden fielen sie ins Negative, und für zwei weitere Stunden lagen sie bei Null. Dies markiert für das Jahr 2024 einen Rekord an negativen Strompreisen. Eine Woche zuvor, am 5. Oktober, waren die Preise bereits für 11 Stunden negativ. Der Hauptgrund für diesen dramatischen Preissturz ist ein starker Anstieg der Windenergieproduktion, bedingt durch günstige Wetterbedingungen. Die Bundesnetzagentur verzeichnete an diesem Tag eine Windstromproduktion von 767.536 MWh onshore – eine mehr als zehnfache Steigerung im Vergleich zur Vorwoche.
Diese massiven Mengen an erzeugtem Windstrom konnten weder gespeichert noch exportiert werden. Auch die Reduzierung der Stromproduktion aus Kohle und Gas von 452.947 MWh am 5. Oktober auf 254.524 MWh am 13. Oktober half nur begrenzt, den Überschuss zu regulieren. Die ungewöhnlich hohen Produktionszahlen führten dazu, dass die Spotmarktpreise für einen Großteil des Tages negativ waren.
Diese Entwicklung führt zu einem starken Anstieg staatlicher Zuschüsse, da die Spotmarktpreise fast den ganzen Tag unter der garantierten Einspeisevergütung lagen. Stromerzeuger erhalten weniger Einnahmen, da nach geltendem Gesetz (§51 EEG 2021) die Marktprämien gekappt werden, sobald die Preise für drei Stunden oder länger negativ sind.
Die zunehmenden negativen Strompreise und die steigenden staatlichen Subventionen drängen die Bundesregierung zum Handeln, da die schwankende Stromproduktion und häufige Überschüsse das Risiko von Blackouts und Netzüberlastungen erhöhen. Netzbetreiber warnen vor den Kosten für Einspeisevergütungen, die sie gesetzlich zu zahlen verpflichtet sind, und schätzen die Ausgaben in diesem Jahr auf etwa 20 Milliarden Euro. Bis Juli 2024 wurden bereits elf Milliarden Euro an Netzbetreiber ausgezahlt.
Ohne Änderungen bei der Förderung erneuerbarer Energien prognostizieren Experten ab 2026 jährliche Kosten von mindestens 30 Milliarden Euro. Deutschland muss zudem Gebühren an andere europäische Länder zahlen, um überschüssigen Strom loszuwerden, was das deutsche Stromnetz weiter belastet. Prof. Manuel Frondel vom RWI-Leibniz-Institut empfiehlt daher eine dringende Anpassung der Förderpolitik und eine Reduzierung der Ausbauziele, solange keine adäquaten Speichermöglichkeiten existieren. Er warnt auch, dass die geplante Verdreifachung der Photovoltaik und Verdopplung der Windkraft an Land bis 2030 finanziell nicht tragbar und riskant für die Stromversorgungssicherheit sei.
Auch für die gewerblichen Stromerzeuger sind die anhaltenden niedrigen und negativen Strompreise problematisch. Die Kürzung der Vergütung in Phasen negativer Strompreise könnte zukünftig die wirtschaftliche Grundlage für den Betrieb erneuerbarer Energiequellen gefährden, warnt der Bundesverband Erneuerbarer Energien. Seit der Verschärfung der Förderkürzungen im EEG 2021 erhalten betroffene Einspeiser rückwirkend ab der ersten Stunde mit negativen Preisen keine Marktprämie mehr, eine Maßnahme, die eigentlich dazu gedacht war, die Flexibilität der Stromerzeuger zu fördern und negative Preise zu vermeiden. Doch die Dauer und Häufigkeit negativer Preise nehmen weiter zu, was die finanziellen Herausforderungen für die Branche verschärft.