In Deutschland führen innovative Stromversorger wie 1KOMMA5 und Tibber dynamische Stromtarife ein, die das Potenzial haben, die Energiekosten signifikant zu senken. Diese Tarife passen sich stündlich den Schwankungen des Strommarktes an und ermöglichen es den Verbrauchern, von niedrigeren oder sogar negativen Strompreisen zu profitieren. Dieses Modell steht im starken Kontrast zu traditionellen Tarifen, die auf Standardlastprofilen basieren und unabhängig von den tatsächlichen Marktbedingungen einen festen Preis pro Kilowattstunde garantieren.
Jannik Schall, Mitbegründer und CPO von 1KOMMA5°, erläutert, dass herkömmliche Energieversorger ihren Strom auf Basis dieser standardisierten Verbrauchsprofile einkaufen, was zur Folge hat, dass Endverbraucher stets denselben Preis zahlen, unabhängig von den realen Kosten auf dem Spotmarkt. Im Gegensatz dazu spiegeln dynamische Tarife die tatsächlichen Marktbedingungen wider und passen den Preis für den Verbraucher entsprechend an.
Ein signifikantes Merkmal dieser Tarife ist die Notwendigkeit eines Smart Meters, das den genauen Stromverbrauch zu jeder Tages- und Nachtzeit erfasst. Ab 2025 wird der Zugang zu solchen intelligenten Messsystemen durch das Smart-Meter-Gesetz reguliert, wobei die Kosten für diese Geräte gesetzlich gedeckelt sind. Diese Technologie ist entscheidend, da traditionelle Stromzähler nicht in der Lage sind, den Verbrauch zeitgenau zu dokumentieren.
Die Nutzung dieser Tarife erfordert allerdings eine aktive Beteiligung der Verbraucher, die ihren Energieverbrauch entsprechend den Preisfluktuationen steuern müssen. Dies kann bedeuten, Geräte wie Waschmaschinen oder Ladestationen für Elektroautos zu Zeiten in Betrieb zu nehmen, in denen der Strompreis besonders günstig ist. Dies stellt für viele jedoch eine Herausforderung dar, da nicht jeder die Zeit oder die Möglichkeit hat, seinen Stromverbrauch kontinuierlich zu überwachen und anzupassen.
Eine Lösung bietet die Kombination aus Smart Meter, einem heimischen Stromspeicher und intelligenter Regelsoftware. Diese Technologie ermöglicht es Haushalten, ihren Energieverbrauch automatisch den günstigsten Strompreisen anzupassen, was zu erheblichen Kosteneinsparungen führen kann. Schall berichtet, dass etwa 40 % der Haushalte mit einer Solaranlage und einem Speicher bereits von Kosten profitieren, die nahe null Cent pro Kilowattstunde liegen.
Trotz der Möglichkeit, direkt von niedrigen oder negativen Strompreisen zu profitieren, müssen Verbraucher sich dennoch der zusätzlichen Kosten wie Steuern, Netzgebühren und anderen Abgaben bewusst sein, die weiterhin anfallen und die Gesamtkosten des Stromverbrauchs erhöhen können.
Die Einführung von dynamischen Stromtarifen könnte eine Ära der Energieeffizienz und Kostensenkung einläuten, besonders wenn zukünftige Entwicklungen in Technologien und Infrastrukturen die Integration erneuerbarer Energien weiter vorantreiben. Diese Art der Tarifgestaltung bietet nicht nur individuelle Einsparpotenziale, sondern trägt auch zur Stabilisierung des gesamten Stromnetzes bei, indem sie Lastspitzen glättet und so die Systemkosten reduziert.