Die Lage auf dem Düngemittelmarkt in der EU gestaltet sich zunehmend kritisch. Aufgrund der Schließung von Düngemittelwerken in Europa steigt die Abhängigkeit von Importen aus Russland, dessen Produkte eine deutlich schlechtere CO2-Bilanz aufweisen. Die Kosten für deutschen Dünger sind derweil stark angestiegen, was zum Schließen von Produktionsstätten in Deutschland und anderen EU-Ländern führte. Trotzdem nimmt der Import von Mineraldünger aus Russland zu. Diese Entwicklung wird durch die drastisch gestiegenen Gaspreise seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine weiter verschärft.
Marco Fleischmann, Vertreter von Yara, weist darauf hin, dass vor allem russische Produzenten von dieser Situation profitieren. Die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Düngerproduzenten sinkt, während russische Exporte von Düngemitteln seit Kriegsbeginn vervierfacht wurden. Zusätzlich steht die deutsche Landwirtschaft vor dem Problem, dass immer mehr wichtige Pflanzenschutzmittel wegfallen. Aktuell stammen etwa 20 Prozent des in Deutschland genutzten Stickstoffdüngers aus Russland. Trotz reduziertem Gasfluss aus Russland findet immer noch ein Import in Form von Mineraldünger statt, zusätzlich belastet durch eine zehnprozentige Exportsteuer.
Die CO2-Emissionen des russischen Düngers liegen doppelt so hoch wie die der EU-Produkte. Während in der EU pro Tonne Stickstoffdünger durchschnittlich 3 bis 4 Tonnen CO2 freigesetzt werden, sind es in Russland 7 bis 8 Tonnen. Die dortige Produktion ist weniger effizient, und es erfolgt keine ausreichende Abscheidung von Schadstoffen.
Der Industrieverband Agrar (IVA) sieht dringenden Handlungsbedarf und fordert Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Düngemittelindustrie. Dazu zählen der beschleunigte Ausbau erneuerbarer Energien und die Bereitstellung von grünem Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen. Zudem sollte die Industrie von der Gasspeicherumlage befreit und russische Dünger mit Zöllen belegt werden, um die Wettbewerbsbedingungen zu verbessern.