In diesem Jahr sind die Erntefenster besonders eng. Zusätzlich sorgen neue Vorschriften wie die Erntegutbescheinigung der Saatgut Treuhandverwaltung (STV) und des Bundesverbandes Deutscher Pflanzenzüchter (BDP) für Unsicherheit unter den Bauern.
Laut BDP und STV ist es nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) Aufgabe der Händler, sicherzustellen, dass das Erntegut den sortenschutzrechtlichen Bestimmungen entspricht. Händler sind demnach verpflichtet, beim Lieferanten entsprechende Informationen einzuholen und sich Belege vorlegen zu lassen. Für diesen Zweck hat die STV seit dem 8. Juli eine Online-Eingabemaske bereitgestellt.
Landwirte haben dabei zwei Optionen: Sie können entweder direkt durch das Einreichen von Dokumenten wie Z-Kaufbelege oder GAP-Flächenverzeichnisse ihre Angaben bestätigen oder sich, falls sie keine Dokumente übermitteln möchten, einer Stichprobenprüfung unterziehen.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) sieht die Interpretation der Züchtervereinigung jedoch kritisch. Johann Meierhöfer, Leiter des Fachbereichs „Pflanzliche Erzeugung und Energie“ beim DBV, erläutert, dass der BGH lediglich die Erkundigungspflicht des Händlers festgelegt hat, ohne genaue Vorgaben zur Ausführung zu machen. Er betont, dass der damit verbundene Aufwand für die Beteiligten angemessen und zumutbar bleiben muss. Daher rät der DBV seinen Mitgliedern, nur minimale Bestätigungen abzugeben, die lediglich die Einhaltung der sortenschutzrechtlichen Bestimmungen bestätigen.
Andere Agrarorganisationen wie die Interessengemeinschaft Nachbau (IG Nachbau) und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) warnen Landwirte sogar davor, die von STV geforderten Dokumente auszufüllen. Georg Janßen, Geschäftsführer der IG Nachbau, kritisiert die Erntegut-Bescheinigung als eine potenzielle Datenschutzfalle. Er äußert Bedenken, dass über die Bescheinigung nicht nur Daten zum An- und Nachbau gesammelt, sondern auch sensible Preisinformationen und Details über die Flächenbewirtschaftung erfasst werden könnten.
Janßen bemängelt zudem, dass die alternativ vorgeschlagenen Betriebskontrollen rechtlich fragwürdig seien, da diese seit 2008 keine rechtliche Grundlage mehr hätten. Die Situation führt zu erheblicher Verunsicherung unter den Landwirten, die bereits mit einem engen Erntekalender zu kämpfen haben.