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Alltag für Landwirte: Zwischen Bürokratie und Bürokratismus

Viele Landwirte klagen über die Bürokratie in Deutschland. In Thüringen und Sachsen wurden jetzt Vorschläge unterbreitet, wie dieser Bürokratismus in der Landwirtschaft reduziert werden kann. Was das bedeutet, kommentiert Claudia Duda.

Von Claudia Duda

Vorschriften, Anträge, Auflagen und Dokumentationspflichten – die Landwirtinnen und Landwirte in Deutschland und in der gesamten Europäischen Union beklagen die Vielzahl von bürokratischen Regeln, die den Arbeitsalltag enorm einschränken. Laut einer Online-Umfrage aus dem Jahr 2023 fühlen sich Bäuerinnen und Bauern am meisten gestresst von fachlich unsinnigen Regeln, unverständlichen Formularen, umfangreichen Dokumentationspflichten, einem schlechten Angebot zur digitalen Datenerfassung und zeitaufwendigen Kontrollen. Dazu kommt Angst, etwas falsch zu machen.

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Bürokratie: Landwirte haben Angst, etwas falsch zu machen

Bei der Recherche habe ich folgende positive Definition des Wortes „Bürokratie“ gefunden: „Bürokratie ist die Organisationsform von Staaten oder Unternehmen, die der Rationalisierung und Optimierung von Verwaltungsaufgaben dient.“ Ziel sollte also die Verbesserung der Situation, des Ertrages und der Arbeitsumstände sein. Die meisten Landwirte haben allerdings das Gefühl, dass die Regelungswut eher zur Verschlechterung der Umstände beziehungsweise zur „Verschlimmbesserung“ des Arbeitsalltags führt. Tatsächlich wird das Wort Bürokratie oft gleichgesetzt mit Kurzsichtigkeit, Kleinigkeitskrämerei oder auch Beamtenherrschaft. Dabei darf man Bürokratie nicht mit „Bürokratismus“ verwechseln. Unter Letzterem versteht man ein Übermaß an staatlichen Eingriffen, die zu unnötigem Aufwand bei den Betroffenen führen und die Innovationskraft in der Wirtschaft bremsen.

EU-Vorschriften: Bürokratie für Landwirte soll abgebaut werden

So viel zur Theorie. Im Zuge der Bauernproteste haben nun auch die meisten erkannt, dass die Betroffenen völlig zu Recht einen überbordenden Bürokratismus beklagen. Nicht nur Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) versprach bei der großen Demonstration vor dem Brandenburger Tor in Berlin Verbesserungen. Auch Bundeskanzler () hat auf der Grünen Woche Verständnis für die Landwirte geäußert und Entlastungen zugesagt. Und beim EU-Gipfel hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) kürzlich weniger Bürokratie in Aussicht gestellt. Sie wolle den Mitgliedsländern demnächst einen Vorschlag machen, „um den Verwaltungsaufwand zu reduzieren“, hieß es in Medienberichten.

Ärger um Direktzahlungen in Sachsen

Das Vertrauen in echte Veränderungen ist allerdings gering. Parallel wächst die Unzufriedenheit. Bestes Beispiel dafür sind die Probleme bei den Überweisungen der Direktzahlungen in Sachsen. Die komplizierten Regelungen und der damit verbundene Aufwand haben (nach Aussage des Ministeriums) dazu geführt, dass das Softwareprogramm nicht richtig arbeitete. Und weil es noch bei der Antragsstellung nur eingeschränkt funktionierte und keine Plausibilitätsprüfung anbot, wurden die Landwirte im Antragsprozess nicht auf mögliche Fehler aufmerksam. Das führt jetzt zu Kürzungen.

Verbände in Thüringen und Brandenburg unterbreiten Vorschläge

In Thüringen und Brandenburg sind die Verbände dagegen jetzt selbst aktiv geworden und haben ihren jeweiligen Landesregierungen Vorschläge zum Bürokratie-Abbau unterbreitet. Die Zeit dafür könnte nicht besser sein. In beiden Ländern werden im September neue Landtage gewählt. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat die Agrarpolitik deshalb kurzerhand zur Chefsache erklärt und zahlreiche Verbesserungen versprochen. Diese auch einzufordern und sich aktiv an dem Veränderungsprozess zu beteiligen, ist allemal besser, als weiter zu leiden und am Ende vielleicht vor dem Bürokratismus zu kapitulieren.

Chefredakteurin Bauernzeitung Claudia Duda
Chefredakteurin der Bauernzeitung Claudia Duda (c) Sabine Rübensaat

Kommentar aus der Ausgabe 08/2024

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