Die Bundesregierung hat im laufenden Jahr mehrere Schritte unternommen, um den bürokratischen Aufwand in der Landwirtschaft zu verringern. Viele dieser Maßnahmen sind eine direkte Folge der von der Europäischen Union eingeführten Lockerungen. Der Deutsche Bauernverband und die Bundesländer attestieren der Bundesregierung jedoch eine unzureichende Bilanz beim Abbau von Bürokratie und fordern weitere Vereinfachungen. Es besteht die Befürchtung, dass neue Gesetzesinitiativen zusätzlichen bürokratischen Aufwand für Landwirte mit sich bringen könnten.
Die Erkenntnis, dass die landwirtschaftlichen Betriebe unter einem hohen Maß an Dokumentations- und Meldeverpflichtungen leiden, hat auch in Berlin zu einem Umdenken geführt. Als Reaktion auf Bauernproteste zu Beginn des Jahres reichten die Bundesländer 194 Vorschläge zum Bürokratieabbau bei der Bundesregierung ein, die nun bearbeitet werden sollen. Die Europäische Union hat ebenfalls schnell reagiert und mehrere Auflagen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) gelockert, was den Druck auf die Bundesregierung erhöht hat, entsprechende Maßnahmen umzusetzen.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unter Leitung von Cem Özdemir beschreibt die aktuelle Situation als „dichten Regelungsdschungel“, mit dem sich die Landwirte auseinandersetzen müssen. Die unnötige Bürokratie bremse die Betriebe, sei praxisfremd und koste Zeit sowie Nerven. Daher wird weiterhin mit Nachdruck daran gearbeitet, unnötige bürokratische Hürden für die Land- und Lebensmittelwirtschaft abzubauen.
Zum Jahresende 2024 stellt sich jedoch die Frage, inwieweit die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung zur Bürokratieverminderung erfolgreich waren. Welche Regelungen wurden für die Landwirte vereinfacht oder gestrichen und welche wichtigen Entlastungsmaßnahmen wurden noch nicht umgesetzt? Eine Sprecherin des BMEL dämpft die Erwartungen und betont, dass Bürokratieabbau eine kontinuierliche Aufgabe sei, bei der viele kleine Schritte letztendlich eine spürbare Erleichterung für die Höfe bringen würden. Sie verweist auch auf erste Erfolge, wie die jüngsten vom Bundesrat beschlossenen Erleichterungen zur praxisgerechteren EU-Agrarförderung und zu Melde- und Dokumentationsverfahren.
Auf der Homepage des BMEL unter der Rubrik „Bürokratieabbau“ sind die Schritte detailliert aufgelistet. Unterschieden wird zwischen Maßnahmen, die bereits umgesetzt sind, und solchen, die sich noch in der Bearbeitung befinden. Zu den bereits realisierten Erleichterungen zählen unter anderem die Verlängerung des Turnus der Mindesttätigkeit auf Bracheflächen auf zwei Jahre und Lockerungen bei der Mindestbodenbedeckung in sensiblen Gebieten. Weiterhin entfallen für Betriebe bis 10 Hektar die Kontrollen und Sanktionen bei der Konditionalität der EU-Agrarförderung. Landwirte müssen auch ihren Nachweis als aktiver Betriebsinhaber nicht mehr jährlich erneuern. Bei Unmöglichkeit der Einhaltung einzelner GAP-Standards aufgrund von Wetterextremen bleibt die Agrarförderung bestehen. Die Frist zur Aufzeichnung von Düngemaßnahmen wurde zudem von zwei auf 14 Tage verlängert, und Mutterkühe, -schafe und -ziegen bleiben förderfähig, auch wenn die Tiere nur noch eine Ohrmarke tragen.
Weitere Maßnahmen befinden sich in Bearbeitung oder sind bereits fertiggestellt, warten jedoch noch auf die gesetzliche Verankerung. Hierzu zählt die Verlängerung der Frist für die Umnutzung von ehemals landwirtschaftlich genutzten Gebäuden im Außenbereich von sieben auf zehn Jahre. Auch die Agrarstatistik soll künftig schrittweise auf Basis bereits vorhandener Daten aufgebaut werden.
Während der Bund erste Schritte zum Bürokratieabbau unternommen hat, bewerten sowohl die Agrarministerien der Länder als auch der Deutsche Bauernverband (DBV) die bisherigen Anstrengungen als nicht ausreichend. Insbesondere bemängeln sie, dass viele der umgesetzten Punkte lediglich die von der EU beschlossenen Erleichterungen darstellen und vielfach erst auf Druck der Länder erfolgt sind.