Die politische Landschaft in Deutschland zeigt eine wachsende Kluft zwischen Stadt und Land, eine Tendenz, die sich nicht nur in Wahlentscheidungen widerspiegelt, sondern auch in der gesellschaftlichen Wahrnehmung von Natur und Landwirtschaft. Während die Idealisierung der Natur vor allem in urbanen Zentren, wo der direkte Kontakt mit ihr oft fehlt, Hochkonjunktur hat, wird das ländliche Leben zunehmend von der politischen und medialen Agenda verdrängt.
Als ich 2017 versuchte, einen Verleger für mein Buch „Zwischen Bullerbü und Tierfabrik“ zu finden, stieß ich auf wenig Interesse. Die Landwirtschaft schien abseits von Skandalen kaum Beachtung zu finden. Dies änderte sich erst mit den landesweiten Bauernprotesten, die plötzlich ein Licht auf die oft übersehenen Herausforderungen des ländlichen Raums warfen. Doch diese Aufmerksamkeit könnte flüchtig sein. In Deutschland arbeiten heute weniger als 2% der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft, ein drastischer Rückgang im Vergleich zu früheren Generationen.
Das Buch von Ewald Frie, „Der stille Abschied vom bäuerlichen Leben“, thematisiert den Rückgang bäuerlicher Strukturen im Münsterland und spiegelt eine landesweite Entwicklung wider. Das öffentliche Bild der Landwirtschaft, geprägt durch Themen wie Pflanzenschutz und Tierwohl, neigt dazu, die Bedeutung der Land- und Ernährungswirtschaft für den sozialen Zusammenhalt und ihre primären Leistungen in der Nahrungsmittelproduktion zu übersehen.
Interessanterweise werden Parteien wie die Grünen, die eine starke Affinität zur Natur in ihrem Programm verankern, vor allem in Großstädten gewählt, wo der direkte Bezug zur landwirtschaftlichen Produktion gering ist. Dies verdeutlicht, dass das Verständnis und die Wertschätzung für die tatsächlichen Bedürfnisse und Herausforderungen des ländlichen Raums oft mangelhaft sind.
Die Konsequenzen dieser Entfremdung sind nicht trivial. Die zunehmende Bürokratisierung und die Forderungen nach nachhaltigem Wirtschaften, oft formuliert und entschieden in städtischen Zentren, setzen die Landwirte unter Druck, ohne dass die finanziellen Lasten von den Verbrauchern mitgetragen werden. Diese Entwicklung führt zu einer kulturellen und politischen Spaltung, die das Verständnis und den Zusammenhalt zwischen Stadt und Land gefährdet.
Wir stehen daher vor der Herausforderung, diese sprachliche und kulturelle Kluft zu überbrücken und ein echtes Verständnis für die Lebensrealitäten auf beiden Seiten zu entwickeln. Die Warnung, die ich in meinem Buch aussprach – dass eine zunehmende Sprachlosigkeit zwischen Stadt und Land zu ähnlichen politischen Erschütterungen führen könnte, wie sie in den USA zu beobachten waren – bleibt relevant. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir lernen, einander zuzuhören und gemeinsam Lösungen zu entwickeln, die nicht nur ökonomisch, sondern auch sozial nachhaltig sind.