Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat ein neues Papier zur „Wirtschaftswende Deutschland“ veröffentlicht. Darin fordert er eine grundlegend andere Ausrichtung der Klima- und Energiepolitik. Der Minister spricht sich für eine technologieoffene Politik aus, um die Energiekosten zu senken. Im Fokus stehen dabei die Erweiterung der heimischen Erdgasförderung und eine uneingeschränkte Zulassung von CCS-Technologien zur CO₂-Abscheidung und -Speicherung.
Bereits im August hatte Lindner die „schnellstmögliche“ Beendigung der Solarförderung ins Gespräch gebracht. Nun legt er mit einem 18-seitigen Konzept für „Wachstum und Generationengerechtigkeit“ nach, das Klimaschutz als eines von drei Handlungsfeldern umfasst. Lindner vertritt die Ansicht, dass staatliche Förderung erneuerbarer Energien mittlerweile „finanziell untragbar“ sei. Sein Ziel: Die „staatlich garantierten Ausbaupfade und Vergütungen“ für erneuerbare Energien sollen in den kommenden Jahren schrittweise auf Null reduziert werden.
Nach Lindners Ansicht könnte diese Maßnahme dazu beitragen, dass der notwendige Ausbau von Stromnetzen und Speicherkapazitäten mit der Entwicklung von Photovoltaik- und Windkraftanlagen besser Schritt halten kann. Die wachsende Zahl an Stunden mit negativen Strompreisen auf dem Großhandelsmarkt sei aus seiner Sicht ein Signal, dass die EEG-Förderung überholt ist.
Forderungen zur Anpassung der Netzausbaupläne
Lindner will auch die derzeitigen Pläne für den Netzausbau ändern. Die bisherigen Szenarien, so Lindner, gingen von einer zu engen Technologieauswahl aus und führten dadurch zu überhöhten Ausbaukosten. Eine technologieoffene Herangehensweise, die verschiedene Energiequellen integriert, könne laut Lindner die Gesamtkosten senken. Er nennt CCS als eine Schlüsselmethode, die „unbeschränkt zugelassen“ werden sollte, um eine kostengünstige Dekarbonisierung zu erreichen.
Zur Stärkung der Energiesicherheit fordert Lindner eine Ausweitung der inländischen Gasförderung. Als Beispiel nennt er das Gasfeld bei Borkum und die Anwendung von Fracking-Technologien, die aktuell in Deutschland nicht genutzt werden.
Abkehr von nationalen Klimazielen und Förderprogrammen
In seinem Papier plädiert Lindner für die Abschaffung nationaler Klimaziele und eine stärkere Ausrichtung auf europäische Standards. Dies betrifft unter anderem die Reduzierung klimapolitischer Vorgaben, etwa zur Energieeffizienz von Gebäuden und Fahrzeugen. Auf nationaler Ebene schlägt Lindner konkret vor, die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) und effiziente Wärmenetze (BEW) zeitlich zu strecken oder zu kürzen. Auch das Förderprogramm für Klimaschutzverträge hält er für entbehrlich.
Kritik von Umweltschutzorganisationen
Martin Kaiser, Geschäftsführer von Greenpeace Deutschland, kritisierte Lindners Ansatz scharf. „Die Vorschläge für eine Wirtschaftswende von Minister Lindner atmen den wirtschaftspolitischen Atem des vergangenen Jahrhunderts“, so Kaiser. Aus seiner Sicht bräuchte Deutschland vielmehr Lösungen, die zentrale Hemmnisse für eine nachhaltige Wirtschaftswende abbauen und gleichzeitig Investitionen in eine klimaneutrale Infrastruktur sicherstellen. „Christian Lindner sollte seiner liberalen Verantwortung nachkommen und die Freiheitsrechte künftiger Generationen durch seriösen Klima- und Umweltschutz sichern“, fordert Kaiser.
Das Papier von Lindner sorgt somit für Kontroversen und wird von verschiedenen Seiten kritisch betrachtet. Während Lindner auf Effizienz und Kostensenkung setzt, sehen Umweltverbände darin einen Rückschritt und eine Gefahr für die langfristige Klimaneutralität Deutschlands.