Die EU-Agrarminister haben sich für eine Vereinfachung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) im Eiltempo ausgesprochen, auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir unterstützt diesen Schritt. Währenddessen protestieren die Bauern in Brüssel erneut, teils sehr heftig.
Die EU-Agrarminister streben an, Auflagen für Landwirte im Rahmen der GAP schnell abzubauen. Auch Deutschland hat sich für einen zügigen Beschluss der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Änderungen an den GLÖZ-Standards ausgesprochen. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir äußerte bei einer Sitzung des Agrarrats in Brüssel Bedenken bezüglich der Lockerungen der Umweltauflagen, stellte sich jedoch einem beschleunigten Verfahren nicht entgegen. Da es im Sonderausschuss Landwirtschaft keinen Widerstand gegen die Kommissionsvorschläge gab, vermied Özdemir es, als Außenseiter dazustehen. Der EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski äußerte sich positiv über das Feedback der Minister und geht davon aus, dass die Vorschläge der Kommission reibungslos vom EU-Parlament und anschließend im Rat beschlossen werden könnten.
Die Sitzung der EU-Landwirtschaftsminister in Brüssel wurde von massiven Bauernprotesten begleitet. Einige Landwirte errichteten im Europaviertel Straßenblockaden mit Traktoren und Anhängern, entluden Stroh, Mist, Reifen und Rüben auf den Boulevards, zündeten Pyrotechnik und versprühten Gülle. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein. Der belgische Ratsvorsitzende David Clarinval äußerte im Rat, dass die Anliegen der Landwirte erhört werden sollten und unterstützte die Senkung der Lasten für die Landwirte sowie die Bemühungen zur Stützung der landwirtschaftlichen Einkommen.
Nach den Vorschlägen der EU-Kommission soll die GAP vor allem flexibler werden. Mitgliedstaaten sollen bei unvorhersehbaren klimatischen Schwierigkeiten vorübergehend gezielte Ausnahmen von den Konditionalitätsanforderungen erlassen können. Es sind auch Ausnahmen von den Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (GLÖZ) geplant, um den Mitgliedstaaten mehr Spielraum zu geben.
EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski schlug die Einrichtung einer europäischen Marktbeobachtungsstelle vor, um für mehr Transparenz auf den Agrarmärkten zu sorgen und gegen unlautere Handelspraktiken vorzugehen. Eine Preisbeobachtungsstelle könnte der erste Schritt sein, um Preise unterhalb der Produktionskosten der Landwirte zu verbieten, erklärte er.
Das Europaparlament soll das Agrarpaket Ende April billigen, obwohl eine zügige Verabschiedung trotz Optimismus von Wojciechowski nicht garantiert ist. Kritische Stimmen gegen die Anpassungen kommen von den Grünen, Linken und einigen Sozialdemokraten. Der Umweltausschuss des Parlaments hat bei Teilen der GAP ein Mitspracherecht und wird die Rechtmäßigkeit der Anpassungen prüfen.
Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir beklagte in einem Interview mit dem Fernsehsender phoenix das Fehlen des Augenmaßes in der EU-Agrarpolitik. Er betonte die Bedeutung einer ausgewogenen Landwirtschaft, die alle Ziele wie Ertragssicherheit, Artenschutz und Klimaschutz miteinbezieht und nicht gegeneinander ausspielt.