Der aktuelle Vorschlag von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, die Agrarfragen in den laufenden Freihandelsgesprächen zwischen der Europäischen Union und Indien vorerst zu pausieren, findet breite Zustimmung. Angesichts der Komplexität und der fundamentalen Unterschiede im Agrarsektor der beiden Regionen scheint dieser Schritt eine praktische Lösung zu bieten, um die Verhandlungen voranzutreiben.
Während seines Besuchs in Indien, wo er an einer regionalen Wirtschaftskonferenz teilnahm und Teil einer hochrangigen Delegation war, betonte Habeck die signifikanten Unterschiede in der Landwirtschaft zwischen Deutschland und Indien. In Deutschland ist der Anteil der in der Landwirtschaft tätigen Bevölkerung auf nur noch 2 % gesunken, während in Indien etwa 60 % der Bevölkerung in diesem Sektor beschäftigt sind. Diese Diskrepanz könnte bei einer vollständigen Marktöffnung erhebliche Disruptionen verursachen.
Indien äußert Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen einer Öffnung seiner Agrarmärkte, insbesondere im Hinblick auf die Ernährungssicherheit und die Souveränität bei der subventionierten Vorratshaltung von Lebensmitteln. Diese Punkte werden auch bei internationalen Konferenzen wie der Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation regelmäßig diskutiert.
Trotz des attraktiven Potenzials des indischen Marktes, bedingt durch seine große Bevölkerung, zögern Exporteure von Agrarprodukten und Lebensmitteln, sich stärker zu engagieren, was durch komplexe Regulierungen und bestehende Tarifnachteile begründet ist. Die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen, die bereits im Jahr 2022 aufgenommen wurden, haben bislang keine wesentlichen Fortschritte gemacht, was vor allem an den Differenzen in Standards und Forderungen liegt.
Die Bedeutung dieser Gespräche für die deutsche Wirtschaft, die stark exportorientiert ist, wird durch die Sorge vor einem potenziellen Handelsstreit zwischen der EU und China weiter unterstrichen. Bundeskanzler Olaf Scholz wird in Indien Gespräche mit Premierminister Narendra Modi führen, um die siebte Runde der indisch-deutschen Regierungskonsultationen zu leiten. Trotz der Herausforderungen und Unterschiede beider Seiten besteht weiterhin das Interesse an einem erfolgreichen Abschluss des Freihandelsabkommens, wobei die Industrie und Wirtschaftssektoren eine zentrale Rolle in den Gesprächen einnehmen werden.