Das Bundeskabinett hat heute überraschend die Novelle zum Bundestierschutzgesetz verabschiedet, nachdem sie zuvor von der Tagesordnung genommen worden war. Diese schnelle Einigung innerhalb der Regierungskoalition zeigt die Dringlichkeit und den Konsens in Bezug auf die neuen Tierschutzmaßnahmen.
Eine der zentralen Änderungen betrifft die Anbindehaltung von Tieren, die künftig unabhängig von der Tierart grundsätzlich verboten wird. Für die landwirtschaftlichen Betriebe in den wertvollen und artenreichen Kulturlandschaften Süddeutschlands gibt es jedoch eine zehnjährige Übergangsfrist. Die „Kombihaltung“, bei der Tiere teilweise angebunden und teilweise frei gehalten werden, bleibt unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Diese Bedingungen umfassen unter anderem eine Begrenzung auf maximal 50 Tiere pro Betrieb und eine verpflichtende Weidehaltung.
Weitere bedeutende Maßnahmen der Novelle betreffen die Betäubung beim Ausbrennen von Hornanlagen bei Kälbern sowie die Verpflichtung zu Videoaufzeichnungen in Schlachthöfen. Zusätzlich gibt es neue Vorgaben für nicht-kurative Eingriffe, wie das Schwänzekupieren bei Lämmern und Ferkeln, um den Tierschutz weiter zu verbessern.
Die Regeln zur Qualzucht wurden ebenfalls verschärft. Eine neue Liste möglicher Symptome, die auf Qualzucht hinweisen, wurde hinzugefügt. Diese Maßnahme soll verhindern, dass Tiere gezüchtet werden, die unter genetisch bedingten gesundheitlichen Problemen leiden. Die Auswirkungen dieser Verschärfungen auf die Zucht von Nutztieren sind allerdings umstritten.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir lobte die Novelle als einen bedeutenden Fortschritt für den Tierschutz in Deutschland. Er betonte, dass die neuen Regeln das Wohl der Tiere verbessern und die Transparenz in der Tierhaltung erhöhen werden.
Auf der anderen Seite gibt es auch kritische Stimmen. Vertreter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sowie des Deutschen Bauernverbandes und des Deutschen Raiffeisenverbandes äußerten Bedenken. Sie befürchten, dass die neuen Regelungen einseitig negative Auswirkungen auf die heimische Landwirtschaft haben könnten. Insbesondere wird gefordert, dass im weiteren parlamentarischen Prozess Nachbesserungen vorgenommen werden, um die Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen für die Landwirte zu gewährleisten.
Diese unterschiedlichen Ansichten unterstreichen die komplexen Herausforderungen, die mit der Umsetzung strengerer Tierschutzgesetze verbunden sind. Während der Schutz und das Wohl der Tiere im Vordergrund stehen, müssen auch die wirtschaftlichen Realitäten der landwirtschaftlichen Betriebe berücksichtigt werden. Die Diskussionen und Debatten im weiteren Gesetzgebungsverfahren werden zeigen, wie ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Tierschutz und landwirtschaftlicher Praxis erreicht werden kann.