Die deutsche Agrarpolitik befindet sich an einem kritischen Punkt, an dem wichtige Entscheidungen und Maßnahmen anstehen, während gleichzeitig ein politischer Stillstand herrscht.
Trotz der herausfordernden politischen Konstellation und dem Fehlen ihres führenden Agrarpolitikers Gero Hocker, der für seine scharfen rhetorischen Fähigkeiten bekannt ist, versucht die FDP, grüne Initiativen innerhalb der Koalition zu blockieren. Hocker, der nun als Bahnbeauftragter der Bundesregierung tätig ist, hat seine Spuren im politischen Stillstand hinterlassen.
Auf der anderen Seite steht Renate Künast von den Grünen, die auch im fortgeschrittenen Stadium ihrer politischen Laufbahn nicht müde wird, ihre agrarpolitischen Visionen zu verteidigen. Ihre mögliche Abkehr aus der aktiven Politik könnte eine Lücke hinterlassen, obwohl ihre Partei weiterhin Einfluss auf die Regierungspolitik ausübt.
Der amtierende Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir von den Grünen steht ebenfalls vor Herausforderungen, insbesondere im Bereich der Tierhaltungsreformen. Trotz seines Einsatzes stößt er oft auf Widerstand innerhalb seiner eigenen Partei und findet wenig Unterstützung bei der Opposition. Die SPD zeigt wenig Interesse, die Landwirtschaft zu einem Kernthema ihrer Politik zu machen, was größere Initiativen in diesem Bereich unwahrscheinlich macht.
Für die Landwirte könnte diese politische Stagnation durchaus positive Seiten haben, da keine hastigen, möglicherweise nachteiligen Veränderungen zu erwarten sind.
Es bleiben jedoch wichtige Fragen offen. Im Bereich des Tierschutzes besteht Handlungsbedarf, um die hitzige Debatte zu entschärfen und Landwirte nicht pauschal als Tierquäler darzustellen. Im Bau- und Umweltrecht sind Maßnahmen nötig, die den Bauern nicht die Grundlage entziehen. Auch im Pflanzenschutz muss flexibel gehandelt werden können. Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU bedarf einer grundlegenden Überarbeitung.
Auf Länderebene zeigt sich ein gewisser Aktionismus: Die Agrarministerkonferenz hat sich kürzlich auf Maßnahmen geeinigt, um den Stillstand, insbesondere im Düngestreit, zu überwinden. Beschlüsse zur Abschaffung der Stoffstrombilanz und zur Einführung einer Monitoringverordnung, die mehr Verursachergerechtigkeit im Düngerecht bringen soll, wurden gefasst.
Die Lösung der anstehenden Aufgaben erfordert jedoch die Mitwirkung der Europäischen Kommission. Die Landwirtschaft steht somit vor einer ungewissen Zukunft, in der politischer Wille und pragmatische Lösungen gefragt sind. Werden die notwendigen Schritte unternommen? Die Zeit wird es zeigen.