Kurz vor der Europawahl an diesem Wochenende verschärfen sich die Debatten um den richtigen Weg beim Klima- und Artenschutz, insbesondere in der Landwirtschaft. Diese Diskussionen waren auch bei der Woche der Umwelt im Schloss Bellevue in Berlin zu spüren, wo Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Veranstaltung eröffnete.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) drängte auf mehr Tempo beim Klima- und Hochwasserschutz. „Wenn wir so weiter machen, wird es richtig teuer und wir verlieren zu viel auf dem Weg“, sagte sie und verwies auf das aktuelle Hochwassergeschehen im Süden Deutschlands. „Wir müssen vorsorgen vor dem nächsten Hochwasser“, betonte sie.
Lemke forderte eine verstärkte Renaturierung von Auen, selbst wenn dies landwirtschaftliche Flächen kosten werde. „Wir brauchen mehr intakte Böden, Moore und natürliche Auenflächen, damit Wasser besser in der Landschaft gespeichert werden kann“, erklärte sie. Deutschland habe bereits zahlreiche positive Beispiele für natürliche Hochwasserschutzanlagen und Deichrückverlegungen, die als Vorbild dienen könnten. Das Umweltministerium arbeite zudem an einem neuen Hochwasserschutzgesetz in Zusammenarbeit mit den Bundesländern.
Im Bereich Artenschutz setzt Lemke auf eine Reform der EU-Agrarzahlungen. „Wir geben in der EU knapp 60 Milliarden Euro pro Jahr ins Agrarsystem. Dieses Geld muss sowohl den Landwirten als auch der Umwelt zugutekommen“, sagte sie. Diese Reform soll bis 2027 erfolgen, wobei das neu gewählte EU-Parlament eine Schlüsselrolle spielen wird.
Lemke äußerte auch ihr Unverständnis über die Rücknahme der verpflichtenden Flächenstilllegung. „Warum man in einer Situation mit vollen Getreidelägern die Brachflächen abschafft, das kann ich nicht verstehen“, sagte sie.
Eine konträre Position nahm Silke Gorißen (CDU), Landwirtschaftsministerin von Nordrhein-Westfalen, ein. Sie betonte, dass die Ziele beim Klima- und Artenschutz zwar ähnlich seien, die Wege dahin aber unterschiedlich. „Landwirte müssen wirtschaften und Lebensmittel produzieren können“, sagte Gorißen. Die Umwelt- und Artenschutzleistungen der Landwirte müssten finanziell ausgeglichen werden. „Es wird um Geld gehen. Wir sollten uns aber nichts vormachen, dass wir beim Geld eingeschränkt sind mit den Mitteln“, fügte sie hinzu.
Gorißen wies auch auf den Druck hin, unter dem die Landwirtschaft stehe, was sich in den Bauernprotesten Anfang des Jahres widerspiegelte. Sie plädierte dafür, dass sich das Verbraucherverhalten hin zu mehr regionalen und saisonalen Produkten ändern müsse.
Der Umweltbeauftragte des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Eberhard Hartelt, hob die Notwendigkeit wirtschaftlicher Alternativen für landwirtschaftliche Betriebe hervor. „Wir müssen Wege finden, die Wirtschaftlichkeit und die Existenz der Betriebe zu erhalten“, sagte er.
In Bezug auf die Hochwasserkatastrophe in Süddeutschland warnte Hartelt vor einer Überforderung der Landwirtschaft. „Die Hochwasserlage wird die Landwirtschaft mit ihrem Boden allein nicht lösen können“, erklärte er in Berlin. Die Landwirtschaft sei bereit, Umweltleistungen zu erbringen und stelle den Rückgang der Biodiversität nicht in Frage. „Wir brauchen eine wirtschaftliche Alternative für die Betriebe“, so Hartelt abschließend.