In den USA breitet sich das Vogelgrippevirus H5N1 zunehmend unter Milchkühen aus. Im März wurde das Virus erstmals in der Milch texanischer Kühe nachgewiesen. Medienberichten zufolge sind inzwischen mindestens 132 Herden in zwölf Bundesstaaten betroffen. Das tatsächliche Ausmaß könnte noch größer sein.
Die schnelle Verbreitung des Virus wird auf Melkmaschinen zurückgeführt, die das Virus über das Euter der Tiere weitergeben. Obwohl die infizierten Rinder oft keine Symptome zeigen und die Infektion gut überstehen, ist die Lage bei Katzen dramatisch. Rund die Hälfte der Katzen, die mit Rohmilch infizierter Kühe gefüttert wurden, starb. Die betroffenen Tiere zeigten schwere Symptome wie Torkeln, Blindheit und Apathie. Ihr Gehirn und ihre Blutgefäße erlitten erheblichen Schaden.
Der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité äußerte im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) große Besorgnis. Er sieht H5N1 bei Kühen als einen der gefährlichsten Kandidaten für eine potenzielle Pandemie. Drosten betont die Dringlichkeit, die Verbreitung des Virus in den USA sofort einzudämmen.
Bislang sind drei menschliche Infektionen auf betroffenen Farmen in den USA bekannt. Zwei Farmmitarbeiter litten nur an einer Bindehautentzündung, während eine dritte Person Husten und Halsschmerzen entwickelte. Drosten warnt, dass die Beteiligung des Atemtrakts auf ein hohes Übertragungspotenzial hinweist, da das Virus theoretisch leicht durch Husten oder Atemluft weiterverbreitet werden könnte.
Sollte sich das Virus weiterentwickeln und leichter auf Menschen übertragbar werden, könnte dies zu einer internationalen Notlage führen. Grenzschließungen und eine globale Pandemie wären mögliche Konsequenzen, da bisher kaum jemand Immunität gegen H5N1 hat. Frühere Grippeschutzimpfungen bieten keinen Schutz gegen diesen Erreger.
Die Reaktion des US-Landwirtschaftsministeriums wird in der Fachwelt stark kritisiert. Es gibt nur sporadische Veröffentlichungen und großflächige Tests fehlen. Experten vermuten, dass negative Ergebnisse bewusst zurückgehalten werden, was zu Intransparenz und mangelndem Vertrauen führt. Auch das Friedrich-Loeffler-Institut in Deutschland berichtet von mangelnder Kooperation seitens der US-Behörden.
Das Fehlen eines klaren Registers und die fehlende Nachverfolgbarkeit in den USA erschweren die Lage zusätzlich. Viele Landwirte weigern sich, die Behörden auf ihre Betriebe zu lassen, da eine Quarantäne der Herden finanzielle Verluste bedeuten würde. Insbesondere Arbeiter aus Mittel- und Südamerika, oft ohne Aufenthaltstitel und Krankenversicherung, arbeiten trotz Krankheitssymptomen weiter.
Behörden warnen vor dem Verzehr von Rohmilch aus betroffenen Betrieben. Die Pasteurisierung der Milch, also die kurzzeitige Erhitzung auf bis zu 75 Grad Celsius, kann das Virus inaktivieren. Trotzdem wird berichtet, dass in betroffenen Regionen Virenpartikel in jeder fünften Milchpackung aus dem Supermarkt nachweisbar sind.
Eine mögliche Maßnahme zur Eindämmung der Seuche könnten großflächige Keulungen sein. Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass das Virus zwischen Wildvögeln und Rindern hin- und herwechseln kann, was diese Methode erschwert. Drosten fordert entschlossenere Maßnahmen seitens der USA, wie die Isolation infizierter Herden und erweiterte Hygienemaßnahmen. Auch die Impfung von Kühen sollte laut Drosten in Betracht gezogen werden, um die Ausbreitung des Virus zu stoppen.