In der kalten Jahreszeit stehen Honigbienen vor großen Herausforderungen, da extreme Kälteeinbrüche ihnen schwer zusetzen können. Um das Überleben der Bienen während des Winters zu sichern, hat das Artificial Life Lab der Universität Graz in Zusammenarbeit mit der Schweizer École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) eine revolutionäre Technologie entwickelt: die smarte Wabe. Diese technisch ausgereifte Bienenwabe ist mit Sensoren ausgestattet, die den Zustand des Bienenvolks überwachen und bei Bedarf eingreifen können.
Die smarte Wabe funktioniert durch die Überwachung der sogenannten Wintertraube – eine Formation, in der die Bienen eng zusammenrücken, um sich und die Königin in ihrer Mitte warm zu halten. Die Bienen erzeugen Wärme durch Muskelvibration, doch reicht dies bei starkem Frost nicht immer aus, um ein Überleben zu gewährleisten. Hier setzt die smarte Wabe an: Ausgestattet mit 64 hochpräzisen Temperatursensoren und zehn Heizfeldern, kann die Wabe autonom die notwendige Wärmezufuhr regulieren und somit die Temperatur im Stock optimal halten.
Der Grazer Zoologe Thomas Schmickl, Leiter des Projekts, erklärt, dass herkömmliche Methoden, bei denen Imker den Bienenstock öffnen, um nach dem Rechten zu sehen, bei sehr kalten Temperaturen nicht praktikabel sind. Die smarte Wabe bietet eine Lösung, indem sie kontinuierlich Daten sammelt und diese per SMS an den Imker sendet. So wird dieser informiert, sollte ein drohender Temperaturkollaps bevorstehen, und kann weitere Maßnahmen ergreifen.
Das EU-geförderte Forschungsprojekt „Hiveopolis“ zielt darauf ab, nicht nur die Überlebensrate der Bienen zu erhöhen, sondern auch neue Einblicke in das Verhalten dieser essentiellen Insekten zu gewinnen. Durch die gezielte Regulierung der Heizung lässt sich beeinflussen, wie sich die Bienen innerhalb des Stocks bewegen. Dies ermöglicht es den Forschern, mit den Bienen in einen „Dialog“ zu treten und ihre Überlebensmechanismen besser zu verstehen.
Die Bedeutung der Temperatur für das soziale und individuelle Verhalten der Bienen wird von den Forschern besonders hervorgehoben. Rafael Barmak von der EPFL betont, dass viele Aspekte des Bienenlebens, wie die Aufzucht der Brut, durch Temperatur reguliert werden. Daher planen die Forscher, die smarte Wabe auch im Frühling einzusetzen, um die Brutproduktion zu optimieren und das schnelle Wachstum des Volkes zu unterstützen.
Mit einer Laufzeit bis März 2024 und einem Budget von sieben Millionen Euro bietet „Hiveopolis“ umfassende Möglichkeiten, den Schutz und die Erforschung der Honigbienen weiter zu vertiefen. Angesichts der globalen Bedrohungen durch Pestizide und Klimawandel könnten solche innovativen Technologien entscheidend sein, um die Populationen der Bienen zu stabilisieren und ihre ökologische Rolle zu sichern.
Studie: Science Robotics: „A robotic honeycomb for interaction with a honeybee colony“