Der Bundesverband Rind und Schwein (BRS) macht auf die Dringlichkeit aufmerksam, praktikable Regelungen in der Tierschutzgesetzgebung zu implementieren. Besonders vor den bevorstehenden Debatten im Bundestag fordert der Verband, dass die Abgeordneten auf angemessene und umsetzbare Vorschriften achten. Im Zuge einer von der EU-Kommission für 2025 geplanten Verordnung zur Tierwohlverbesserung, die nach der parlamentarischen Sommerpause zur Abstimmung stehen soll, plädiert der BRS dafür, von nationalen Sonderregelungen abzusehen. Insbesondere bestimmte geforderte Praktiken stellen die Tierhalter vor große Schwierigkeiten.
Eine der kritischen Maßnahmen ist das Veröden der Hornanlagen bei Rindern, wobei eine Lokalanästhesie vorgeschrieben werden könnte. Laut Stephan Schneider, Leiter Zucht & Genetik beim BRS, würde dies die landwirtschaftlichen Betriebe extrem belasten, da aktuell nur Veterinäre diese Anästhesien durchführen dürfen und ein Mangel an Tierärzten in Deutschland besteht. Schneider schätzt, dass dies zu zusätzlichen Kosten von etwa 100 Millionen Euro jährlich führen könnte, nur für diese Maßnahme.
Schneider fordert deshalb, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen so angepasst werden, dass auch Landwirte die Lokalanästhesie durchführen dürfen. Auch die Bundesländer unterstützen diese Forderung, wie aus einem Entschließungsantrag vor der Sommerpause hervorgeht. Sollte eine solche Regelung nicht umsetzbar sein, plädiert der BRS dafür, auf diese Praktik zu verzichten und stattdessen auf Sedierungen und Schmerzbehandlungen zurückzugreifen, was sich bereits in der Praxis bewährt hat.
Weiterhin kritisiert der BRS den Vorschlag, die ganzjährige Anbindehaltung innerhalb von zehn Jahren komplett abzuschaffen, als unangemessen. Diese Maßnahme würde den Strukturwandel unnötig beschleunigen und könnte insbesondere kleinere Familienbetriebe zum Aufgeben zwingen. Schneider vertritt die Ansicht, dass diese Haltungsform aufgrund des Struktur- und Generationswandels ohnehin verschwinden wird. Er setzt sich dafür ein, die bewährte Kombinationshaltung mit mindestens 120 Tagen Freibewegung pro Jahr beizubehalten.
Der Verband kritisiert auch die aktuelle Auslegung des „Qualzuchtparagrafen“ in der Nutztierhaltung als zu weit gefasst. Schneider äußert die Befürchtung, dass diese Regelungen die deutsche Tierzucht lahmlegen könnten, da auch unbedenkliche Tiere von der Zucht ausgeschlossen werden könnten. Der BRS betont, dass eine verantwortungsvolle Zucht eine wichtige Rolle im Tierschutz spielen kann.
Zudem wird die Pflicht zur Kennzeichnung gestorbener Tiere als überflüssiger bürokratischer Aufwand angesehen. Schneider betont, dass dies den Tierhaltern zusätzliche Zeit kostet, die sie dann bei der Überwachung ihrer Tiere fehlt.
Der Verband zeigt Verständnis für die Verbindlichkeit des Kupierverzichts, jedoch sieht er die damit einhergehende Papierarbeit kritisch. Die Anhebung der Schadschwelle von 2 auf 5 Prozent, ab der Tierhalter mit dem Kupieren beginnen dürfen, könnte nach Einschätzung des Verbands zu vermehrtem Tierleid führen.
Abschließend äußert der BRS Besorgnis über mögliche rechtliche Konsequenzen für Nutztierhalter aufgrund unpräzise formulierter Straf- und Bußgeldvorschriften.