Die EU hat neue Vorgaben zur oralen Medikation von Nutztieren erlassen. Diese neuen Regeln könnten das Top-Dressing auf Trockenfutter in Deutschland erheblich einschränken.
Gruppenbehandlung in Europa und Deutschland
In vielen europäischen Ländern werden kranke Nutztiere durch Gruppenbehandlung mit Arzneimittelfutter therapiert. Landwirte kaufen dabei Mischfutter, das bereits das vom Tierarzt verordnete Medikament enthält. Deutschland geht einen anderen Weg: Hier fehlen sowohl die Infrastruktur in der Mischfutterindustrie als auch die entsprechenden Arzneimittel. Dadurch entstehen Verzögerungen und Schwierigkeiten bei der Therapieanpassung.
Standardverfahren in Deutschland: Top-Dressing
In Deutschland werden Medikamente meist direkt über Dosiersysteme oder als Top-Dressing dem Futter zugegeben. Das bedeutet, dass die Medikamente direkt in den Futtertrog der Tiere gegeben werden. Diese Methode ist seit Jahren Standard, da Arzneimittelvormischungen kaum noch auf dem Markt sind.
Neue EU-Vorgaben und ihre Auswirkungen
Die im Februar 2024 erlassene delegierte Verordnung zur oralen Medikation tritt am 9. November 2025 in Kraft. Sie bringt folgende Neuerungen mit sich:
- Nur ein antibiotisches Tierarzneimittel pro Behandlung: Bei einer Koinfektion von Streptokokken und E. coli, die normalerweise zwei Wirkstoffe erfordert, darf nur noch ein antibiotisches Mittel verschrieben werden.
- Einschränkungen beim Top-Dressing: Antimikrobielle oder antiparasitäre Wirkstoffe, die kurz vor dem Füttern festen Futtermitteln zugemischt oder als Top-Dressing gegeben werden, sind nur noch eingeschränkt zulässig. Dies könnte insbesondere die Entwurmung von Sauen erschweren.
- Begrenzung auf Einzel- oder Kleingruppenbehandlungen: Die Behandlung soll nur noch für einzeln gehaltene Tiere oder kleine Gruppen erlaubt sein, nicht mehr als Gruppenbehandlung.
- Erlaubnis für Medikation über Wasser und Flüssigfutter: Diese Methoden bleiben zulässig, sind aber mit Problemen behaftet. Viele Schweinehalter verfügen nicht über die nötigen Dosiereinrichtungen für die Tränke. Zudem kann es bei der Dosierung über Flüssigfutter zu Entmischungen kommen.
Reaktionen und Bedenken
Der Bundesverband der Praktizierenden Tierärzte (bpt) hat auf die Probleme, die sich aus der Neuregelung in Deutschland ergeben, im EU-Beratungsprozess hingewiesen – jedoch ohne Erfolg. Derzeit wird eine genaue Abschätzung der Folgen für Deutschland und die Probleme in Schweinebeständen durchgeführt.
Diese neuen Regeln könnten die bisherige Praxis der Medikamentengabe in Deutschland stark beeinflussen und zu erheblichen Herausforderungen für Landwirte und Tierärzte führen.