Tierschützer haben vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim einen bedeutenden Erfolg erzielt. Das oberste Verwaltungsgericht Baden-Württembergs hat in einem Urteil festgestellt, dass die Haltungsbedingungen für Puten, wie sie in den bundeseinheitlichen Eckwerten von 2013 festgelegt sind, nicht den Anforderungen an eine artgerechte und bedürfnisgerechte Ernährung, Pflege und Unterbringung der Tiere entsprechen. Die sogenannte „Putenklage“ wurde vom Verein „Menschen für Tierrechte“ angestoßen, nachdem Tierrechtler Missstände in Putenställen dokumentiert hatten.
Das Gericht stützte sich auf ein Sachverständigengutachten, das zu dem Schluss kam, dass bei der Intensivhaltung von Puten der Zuchtlinie „B.U.T. 6“ unter Einhaltung der Puteneckwerte 2013 eine nicht zu vertretende Wahrscheinlichkeit besteht, dass den Tieren Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden. Daraus resultierte die Forderung des Gerichts nach einer verhaltensgerechten Unterbringung der Tiere, orientiert an den Empfehlungen des Tierschutzgesetzes.
Das Land Baden-Württemberg wurde aufgefordert, neu über den Antrag des Vereins auf tierschutzrechtliches Einschreiten zu entscheiden. Eine komplette Untersagung der Putenhaltung wurde jedoch als unverhältnismäßig betrachtet. Stattdessen schlug das Gericht mildere Maßnahmen vor, wie die Reduzierung der Besatzdichte, eine verbesserte Stallstrukturierung, mehr Beschäftigungsmöglichkeiten für die Tiere sowie genauere Vorgaben zur Art der Einstreu und deren Erneuerungsintervallen.
Die „Albert Schweitzer Stiftung“, eine Tierschutzorganisation, sieht in diesem Urteil einen Präzedenzfall, der weitreichende Auswirkungen auf die gesamte Putenbranche haben könnte. Der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) hingegen betrachtet die Entscheidung als Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung für die Putenhaltung in Deutschland. Laut ZDG bleiben die bundeseinheitlichen Eckwerte von 2013 weiterhin die rechtliche Grundlage für die Putenhaltung.
Das Urteil des VGH Mannheim vom 7. März 2024 (Aktenzeichen: 6 S 3018/19) ist noch nicht rechtskräftig. Obwohl die Revision nicht zugelassen wurde, besteht für die Beteiligten die Möglichkeit, eine Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen. Dieses Urteil stellt einen wichtigen Meilenstein im Bereich des Tierschutzes und der Nutztierhaltung in Deutschland dar.