Die Umweltminister der deutschen Bundesländer haben dringenden Anpassungsbedarf beim Schutzstatus des Wolfs festgestellt. Sie drängen darauf, die Möglichkeiten der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie (FFH) zur Entnahme von Wölfen umfassend zu nutzen.
Seit einiger Zeit ist es ein weit verbreitetes Anliegen, dass die unkontrollierte Ausbreitung der Wolfspopulation die Weidewirtschaft in Deutschland erheblich gefährden könnte. Trotz vieler Bekenntnisse zur Problemlösung sind konkrete Maßnahmen zur Begrenzung der Wolfspopulation oder zur unkomplizierten Entnahme von Problemwölfen bislang rar. Ob die jüngsten Beschlüsse der Umweltministerkonferenz (UMK) eine tatsächliche Wende herbeiführen können, bleibt abzuwarten.
Vergangenen Freitag sprachen sich die Umweltressortchefs dafür aus, den in der FFH-Richtlinie gegebenen Handlungsspielraum vollständig auszuschöpfen und den bisher nicht genutzten Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe e der Richtlinie in das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) zu überführen.
Gemäß Absatz 1, Buchstabe e der Habitatrichtlinie dürfen Mitgliedstaaten „unter strenger Kontrolle, selektiv und in beschränktem Ausmaß“ die Entnahme oder Haltung einer begrenzten und von den zuständigen einzelstaatlichen Behörden festgelegten Anzahl von Exemplaren bestimmter Tier- und Pflanzenarten des Anhangs IV erlauben, sofern es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung gibt. Zudem muss gewährleistet sein, dass die Population der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung in einem günstigen Erhaltungszustand bleibt.
In einer ergänzenden Erklärung forderten die Länder Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Bayern und Berlin den Bund auf, sich für eine Herabstufung des Schutzstatus von Wölfen in der Berner Konvention und der FFH-Richtlinie einzusetzen. Außerdem verlangte die UMK eine Überarbeitung des Praxisleitfadens zur schnellen und rechtssicheren Entnahme von Problemwölfen, die bis August vorliegen soll.
Dieser Schritt wurde notwendig, nachdem das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht am 12. April 2024 entschieden hatte, dass für eine Ausnahmegenehmigung nach § 45 Absatz 7 BNatSchG nicht erst ein ernsthafter Schaden eingetreten sein muss, sondern bereits drohen kann. Für eine solche Prognose sei jedoch eine verlässliche Bewertung der konkreten Umstände im Einzelfall erforderlich, wobei die bisherige Praxis, bestimmte Regionen als Gebiete mit erhöhtem Rissvorkommen zu klassifizieren, nicht ausreiche.
Naturschutzorganisationen wie der BUND kritisieren die Beschlüsse der Umweltminister. Laut BUND sind die Änderungen des Schutzstatus und die Schnellabschüsse von Wölfen keine wirkliche Lösung zum Schutz von Weidetieren, sondern „reine Symbolpolitik“. Stattdessen fordert der BUND eine stärkere Förderung und Umsetzung von Herdenschutzmaßnahmen.