Die Baywa AG, Deutschlands größter Agrarhandelskonzern, hat in jüngster Zeit erhebliche finanzielle Schwierigkeiten erlebt. Diese Entwicklung wirft Fragen nach den Ursachen und der Verantwortlichkeit auf. Ursprünglich auf Agrarprodukte, Landtechnik, Energie und Baustoffe in Bayern spezialisiert, hat sich die Baywa in wenigen Jahren zu einem globalen Handelsriesen entwickelt. Von Apfelplantagen in Neuseeland über Windparks in Kalifornien bis hin zu Klimagewächshäusern in den Vereinigten Arabischen Emiraten reichen ihre internationalen Geschäftsaktivitäten.
Der ehemalige Vorstandsvorsitzende Klaus Josef Lutz war maßgeblich für die schnelle Internationalisierung und Diversifizierung verantwortlich. Er vertrat die Ansicht, dass der Konzern im internationalen Wettbewerb nur durch Expansion überleben könne. Dies führte zu zahlreichen Investitionen in neue Märkte und innovative Projekte. Für lange Zeit wurde die Baywa als Vorzeigemodell der deutschen Agrarbranche angesehen und feierte ihre Erfolge regelmäßig während der Grünen Woche in Berlin.
Allerdings basierte das Wachstum des Konzerns hauptsächlich auf Fremdkapital. Sogar die Firmenzentrale wurde veräußert, um Kapital für neue Unternehmungen zu beschaffen. Dies resultierte in einer Fremdkapitalbelastung von 10,8 Milliarden Euro, während die Eigenkapitalquote auf lediglich 13,7% fiel – im deutlichen Gegensatz zu ähnlich großen Konzernen wie der Südzucker AG, die eine Eigenkapitalquote von über 40% aufweisen.
Die Kombination aus steigenden Zinsen und schwachen Märkten brachte die Baywa schnell in eine prekäre Lage, die eine umfangreiche Sanierung notwendig machte. Um eine Insolvenz zu verhindern, mussten Eigentümer und Banken über eine halbe Milliarde Euro bereitstellen.
Diese Entwicklung hat bei vielen Landwirten zu berechtigter Kritik geführt, insbesondere hinsichtlich des Risikomanagements des Konzernvorstands. Es stellt sich die Frage, warum die Genossenschaftsbanken als Hauptaktionäre der Baywa den riskanten Kurs im Aufsichtsrat unterstützten, obwohl sie üblicherweise hohe Sicherheiten bei Kreditvergaben an Landwirte fordern. Kritiker bemängeln möglicherweise die zu enge Beziehung zwischen dem langjährigen Aufsichtsratsvorsitzenden Manfred Nüssel und seinem Vorstand Lutz.
Die Hoffnung besteht nun darin, dass die Baywa sich auf ihr Kerngeschäft besinnt und die Krise überwindet, um für die Landwirte weiterhin ein verlässlicher und stabiler Geschäftspartner zu sein.